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Offenlegungspflicht von Stiftungsratshonoraren: Gilt diese schon für die Jahresrechnung 2022?

Am 1. Januar 2023 ist das revidierte Aktienrecht in Kraft getreten. Das hat auch Auswirkungen auf Stiftungen. Diese müssen neu die Honorare der Stiftungsratsmitglieder und der Geschäftsführung in der Jahresrechnung offenlegen. Diese Neuerung gilt aber erst für die Jahresrechnungen 2023. Nicht betroffen sind also die Jahresrechnungen 2022, auch wenn diese erst nach dem 1. Januar 2023 erstellt werden. Dies bestätigt das Bundesamt für Justiz und die ESA auf Anfrage von proFonds.

Am 19. Juni 2020 hat das Parlament die bereinigte Vorlage zur Aktienrechtsrevision genehmigt. Damit erhalten die Aktiengesellschaften in der Schweiz nach jahrelangem Hin und Her einen neuen gesetzlichen Rahmen.

Dies sind die wichtigsten Änderungen:

Offenlegungspflicht von Vergütungen des Stiftungsrats: Gemäss dem neuen Art. 84b ZGB muss das oberste Stiftungsorgan der Aufsichtsbehörde jährlich den Gesamtbetrag der ihm und der allfälligen Geschäftsleitung direkt oder indirekt ausgerichteten Vergütungen bekannt geben.

Benachrichtigungspflicht: Nach dem neuen Art. 84a ZGB muss der Stiftungsrat die Aufsichtsbehörde im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung informieren, was im Wesentlichen dem geltenden aktienrechtlichen Mechanismus entspricht.

Anfechtungsrecht: Bei Fusionen von kirchlichen und Familienstiftungen wird gewissen Destinatären und Stiftungsratsmitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen ein Anfechtungsrecht zugestanden (Art. 84 FusG neu).

Wichtigste Änderung dürfte die Offenlegungspflicht sein. proFonds ist der Frage nachgegangen, ob die Honorare schon in der Jahresrechnung 2022 offengelegt werden müssen, wenn diese erst nach dem 1. Januar 2023 erstellt wird.

Für den neuen Art. 84b ZGB wurde keine explizite Übergangsbestimmung vorgesehen. Entsprechend kommen die allgemeinen Regeln (Art. 1-4 des Schlusstitels ZGB) zur Anwendung. Nach Auffassung des Bundesamts für Justiz gilt die neue Bestimmung erst ab dem Geschäftsjahr nach Inkrafttreten der Bestimmung. Somit müssen die Vergütungen erst in der Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2023 offengelegt werden. Die ESA verlangt die Offenlegung der Honorare ebenfalls erst für die Jahresrechnung 2023, wie sie auf Anfrage von proFonds mitteilte.

Stiftungen, die ihren Sitz in einem Kanton haben, der eine restriktive Praxis betreffend Stiftungsratshonorare verfolgt oder gar die reine Ehrenamtlichkeit als Voraussetzung für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit vorschreibt, haben nun ein Jahr Zeit, ihre Honorarpraxis zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. proFonds steht den betroffenen Stiftungen mit Rat und Tat zur Seite.