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Reform des Aktienrechts: Offenlegungspflicht von Vergütungen des Stiftungsrats könnte zahlreichen Stiftungen die Steuerbefreiung kosten

Am 19. Juni 2020 hat das Parlament die bereinigte Vorlage zur Aktienrechtsrevision genehmigt. Die Änderungen haben auch Auswirkungen für Stiftungen, die im Falle der Pflicht zur Offenlegung von Vergütungen des Stiftungsrats gravierend sein könnten. Um die negativen Folgen dieser neuen Regelung abzuwenden, braucht es das Bundesgesetz über die Stärkung des Stiftungsstandorts Schweiz, dessen Vorentwurf bis im März 2020 in Vernehmlassung war.

Ohne weitere gesetzliche Anpassungen könnte die neue Bestimmung zur Offenlegung von Vergütungen des Stiftungsrats zu einer Welle von Entzügen der Steuerbefreiung führen, denn zahlreiche Steuerbehörden sehen in der Ehrenamtlichkeit des Stiftungsrats nach wie vor eine zwingende Voraussetzung für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit.

Wenn gemeinnützige Stiftungen ihre Steuerbefreiung nicht aufs Spiel setzen wollen, müssen sie künftig die Vergütung von Stiftungsräten einstellen, was zur Folge hätte, dass sich zahlreiche kompetente Stiftungsräte, die nicht bereit oder in der Lage sind, ehrenamtlich zu arbeiten, zurückziehen würden. Diese Problematik würde eine Mehrheit der Stiftungen betreffen, denn laut einigen verlässlichen Studien[1] richten rund 60% der Stiftungen Honorare an ihre Stiftungsräte aus. Der massenhafte Rückzug erfahrener Stiftungsräte wäre fatal, denn für die erfolgreiche strategische Führung einer Stiftung sind fachliche Kompetenz und Professionalität von elementarer Bedeutung. Für Stiftungen und Vereine ist es ohnehin bereits sehr schwierig, geeignete Personen zu finden, die zur Übernahme eines entsprechenden Mandats bereit sind. Durch die neue Bestimmung verschärft sich die Situation noch einmal drastisch.

proFonds fordert seit Jahren, dass die betreffenden Steuerbehörden ihre restriktive, gesetzlich nicht vorgegebene Praxis aufgeben. Die ehrenamtliche Tätigkeit von Stiftungsratsmitgliedern darf nicht zur Voraussetzung für die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit gemacht werden. Abhilfe bietet hier allein das Bundesgesetz über die Stärkung des Stiftungsstandorts Schweiz, das auf der parlamentarischen Initiative Luginbühl basiert. Im Vorentwurf dieses Gesetzes wird die steuerrechtliche Zulässigkeit einer angemessenen Honorierung von Stiftungsräten und Vorständen explizit festgehalten. Sollte das neue Bundesgesetz in dieser Form in Kraft treten, könnte eine angemessene Honorierung nicht mehr zur Verweigerung oder zum Entzug einer Steuerbefreiung führen. Ein Grund mehr, dass sich der Schweizer Stiftungs- und Gemeinnützigkeitssektor geschlossen hinter diese Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen stellt.